Schon am frühen Morgen steuert ein großes Kreuzfahrtschiff den Hafen von PALERMO an. Die Passagiere können vermutlich der Begeisterung der Reisenden vor einigen hundert Jahren, wie etwa Goethe 1787, am besten verstehen. Gerade vom Schiff und von Weitem betrachtet, ist die Anreise über den Golf bestimmt beeindruckend. Die Hauptstadt Siziliens liegt eingebettet in die weite Ebene LA CONCA D’ORO, die „goldene Muschel“ und wird von mächtigen Bergen flankiert. Doch die sie einst umgebenden duftenden Zitronen- und Orangenhaine sind dem Platzbedarf der Landflüchtigen zum Opfer gefallen. War PALERMO früher von einer Vielzahl von Klöstern umgeben, so ist sie heute eingerahmt von den Trabantenstädten mit ihren gesichtslosen Hochhäusern. So kommen wir bei unserer Anfahrt zu Lande durch die heruntergekommen Vororte nicht gerade ins Schwärmen. Doch zumindest werden wir von dem sonst üblichen Verkehrschaos verschont, denn heute ist in Italien ein hochheiliger Feiertag: Maria Empfängnis. Wir sind fast alleine auf der Straße unterwegs und finden gleich nahe dem Zentrum einen Parkplatz.
Alle großen Sehenswürdigkeiten liegen am CORSO VITTORIO EMANUELE, der heute fast menschenleer ist. Entlang dieser Flaniermeile liegen Pracht und Elend eng nebeneinander. So manches von den alliierten Fliegerbomben des Zweiten Weltkrieges zerstörtes Haus, insgesamt wurden über sechzig Paläste und Kirchen getroffen, ist seit diesen furchtbaren Tagen eine Ruine geblieben. Daneben zeugen prachtvolle Paläste vom einstigen glanzvollen Leben der Stadt, wie es Giuseppe Tomasi di Lampedusa in seinem Roman „Der Gattopardo“ anschaulich beschreibt. Eine Oase der Ruhe sind die Parks mit riesigen Bäumen und den himmelhohen schlanken Palmen. Im Mittelpunkt der Altstadt liegt die QUATTRO CANTI, eingerahmt von vier prächtigen Häusern und Brunnen. Gleich dahinter füllt die FONTANA PRETORIA einen ganzen Platz. Vielen der nackten marmornen Figuren fehlen die Nasen, manchem Mann sein wichtigstes Körperteil. War es Neid oder Schamhaftigkeit? Natürlich prägen die vielen Kirchen auch heute noch das Stadtbild, doch ist eine Besichtigung wegen der allerorts zelebrierten Messen leider nicht möglich. Mittlerweile sind die Passagiere der Kreuzfahrtschiffe massenhaft in die Stadt geflutet und stürmen ungeniert die Sehenswürdigkeiten. So flüchten wir zum riesigen Markt, in dessen Trubel sich wenige Touristen wagen, aber wohl die Hälfte aller Palermitaner (die andere Hälft ist in der Kirche oder in den nahen Strandbädern). Die Verkäufer haben Obst und Gemüse, Meerestiere und Fleisch aufgetürmt und preisen deren Vorzüge lautstark an. Mit vielen unterschiedlichen Eindrücken verlassen wir die Metropole Siziliens und fahren weiter nach Westen an die Küste.