Im Himmel des Piraten

Der vorausgesagt Sturm blieb in der Nacht gottseidank aus, dennoch schüttet es am Morgen aus tief hängenden dunkelgrauen Wolken, in den Bergen hat es geschneit. Da sich das Wetter in den nächsten Tagen nicht wesentlich ändern soll, fahren wir zügig weiter. Schon bald erreichen wir die Renaissancestadt URBINO, die auf zwei Hügeln erbaut ist. Schon von den Römern gegründet erlebte die Stadt im 15. Jahrhundert ihre Blüte. Frederico de Montefeltro verdiente sich als höchst bezahlter Söldnerführer seiner Zeit neben Ruhm auch enormen Reichtum. So konnte der hochgebildete Fürst Künstler und Wissenschaftler an seinen Hof holen und URBINO zum geistig-künstlerischem Zentrum der Renaissance entwickeln. Zu weiteren Ruhm der Stadt wurde hier zur gleichen Zeit der berühmte Maler Raffael geboren.

Mit dem Regenschirm bewaffnet ziehen wir durch die fast  leeren Gassen, kein Wunder bei dem Wetter. Die mächtigen Mauern, Paläste, Kirchen, selbst die Straßen sind aus gelbroten Ziegeln gebaut. Bei dunklem Himmel und Regen wirken sie düster, doch als die Sonne die Fassaden anstrahlt, beginnen die Steine in den schönsten Tönen zu leuchten. Gegenüber der Stadt liegt die CHIESA SAN BERNARDINO, die Grabstätte des Fürsten und seines Sohnes Guidobaldo. Sie ruhen vis-à-vis in schwarzen Marmorsarkophagen.

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Die Kirche hat uns heute nicht aus dem Schlaf geläutet. Es ist vielmehr die Sonne, die schon gegen sechs Uhr die ersten rosa Wolken auf den Himmel zaubert und uns jeden Tag ein paar Minuten früher weckt. Das gefällt natürlich auch den Vögeln, die ihr frühlingshaftes Morgenkonzert anstimmen. Der Wetterbericht hat heute leider wieder recht, es ist grau und regnerisch. So fahren wir um URBINO herum und steuern die ADRIA an.Doch zuerst bringt uns die VIA DEL CIPPO hinauf zum CIELO DE PIRATA, dem Himmel des Piraten. Der Pirat ist der immer noch allseits verehrte Radprofi Marco Pantani. Seinen Spitz-, oder besser Kosenamen, verdankt er den bunten Tüchern, mit denen er seinen Kahlkopf vor der Sonne schützte. Seinen Ausspruch „Il Carpegna mi basta“, der Carpegna reicht mir, liest man alle paar Meter auf der Straße. Auch Eddy Merchx, obwohl ja wirklich kein Italiener, wird hier verehrt. Er lieferte sich auf dieser steilen Bergstrecke mit José Manuel Fuente 1973 ein denkwürdiges Duell. Sogar ein Stück der Strecke, „Merckx’s Escpe“, ist danach benannt.

Wir tun uns sogar beim Laufen auf der steilen Straße schwer. Oben am MONTE CARPEGNA auf 1 415 Meter pfeift der Wind über die Hochfläche. Der Blick reicht über SAN MARINO bis zur ADRIA. Der Skilift hat mangels Kunstschnee die Saison bereits beendet.

Eigentlich wollten wir uns die Kunstwerke in PENNABILLI noch anschauen. Doch der schwarze Himmel, Regenschauer und ein unfreundlicher kalter Wind halten uns im Dicken. So fahren wir nach der Mittagspause weiter und finden beim Friedhof von SAN LEO einen windigen Platz mit Blick auf den mächtigen Felsen und der imposanten Burg. Der Himmel befreit sich langsam von den Wolken, die mit rasender Geschwindigkeit über das Firmament ziehen. Am Morgen sehen wir kaum die Hand vor unseren Augen. Es ist kalt, nebelig und windig. Wir umrunden den Berg mit dem gewaltigen Felssturz, der wohl erst in jüngster  Zeit abging.

Wir drücken auf’s Gas und finden uns am Nachmittag unter einem blauen Himmel in CAORLE wieder, am Horizont leuchten die weißen Spitzen der Alpen.

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