Nach einer ersten kurzen Runde fahren wir nun zum zweiten Mal hinein nach BOSNIEN UND HERZEGOWINA. Dieser Staat ist immer noch zweigeteilt und setzt sich aus zwei Entitäten zusammen: der bosnisch-kroatischen Föderation Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska (Serbische Republik), deren Regierungsformen sich stark unterscheiden. Hier wütete der Krieg zwischen den einzelnen Bevölkerungsgruppen, uns sind die Meldungen über die „ethnischen“ Säuberungen noch gut in Erinnerung. Obwohl nun in einem Staat lebend, fühlen sich auch heute noch die Serben und Kroaten ihren Mutterstaaten stark verbunden. Wir fragen uns, was diesen Staat zusammenhält.
Die Grenzkontrollen sind schnell absolviert, wir müssen uns auch nicht bei der Polizei melden, wie es in der Information des Auswärtigen Amtes heißt. Unser erster Halt gilt MEĐUGORJE. Die Stadt ist bei den Pilgern sehr beliebt, obwohl der Vatikan die Wallfahrtsstätte bis heute nicht anerkannt hat. Unweit des Ortes erhebt sich der 520 m hohe Kreuzberg, zu dem ein Kreuzweg mit den üblichen zwölf Stationen hinaufführt. Am Fuße des Berges herrscht ein Stimmengewirr, wobei das Italienische deutlich dominiert. Viele Pilger allen Alters machen sich betend und schwitzend auf den steinernen und beschwerlichen Weg, manche sogar barfuß, hinauf zu dem riesigen weißen Kreuz.
Es ist noch nicht Mittag, da sind wir schon in MOSTAR, das durch seine ALTE BRÜCKE in aller Welt bekannt ist. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und ein Meisterwerk der osmanischen Baukunst. Am 24. November 1557 wurde der Grundstein gelegt, neun Jahre später war sie vollendet. Der Baumeister Hajrudin soll vorher schon sein Grab ausgehoben haben, da er fürchtete, die Brücke könnte einstürzen und er dadurch seinen Kopf verlieren. Diese Strafe drohte ihm der Bauherr Sultan Süleyman. Die Brücke stürzte erst 427 Jahre später, am 9. November 1993, in den Fluss NERETVA, den sie elegant überspannte. Dazu war der stundenlange Beschuss durch kroatische Panzer notwendig. Mit Hilfe der UNESCO, der Weltbank und der Türkei wurde die Brücke wieder neu gebaut und am 23. Juli 2004 eröffnet. Mit dabei war der Bosnienbeauftragte der Bundesrepublik, Hans Koschnick, der viel zur Wiedervereinigung der durch den Krieg geteilten Stadt beigetragen hatte. Ganz ist diese Trennung aber auch heute noch nicht überwunden: an dem einen Ufer stehen unzählige Moscheen, auf dem anderen die Kirchen.
Unser heutiges Tagesziel ist der auf fast 1 200 m Höhe liegende BLIDINJE SEE. Erst ist die Straße breit und gut und führt durch größere und kleine Orte. Dann stehen nur noch vereinzelt Häuser in der Landschaft und die Straße wird enger, bis der Teer in Schotter übergeht. Bergauf und bergab führt die steinige Piste über viele Kilometer und verlangt unserem Dicken so allerhand ab. Am Horizont schieben sich im Dunst die Bergketten übereinander. Nachdem wir eine letzte Hochebene durchfahren, auf der einsam einzelne Kühe stehen, und einen letzten Pass überquert haben, stehen wir einsam am höchst gelegenen See Bosniens.
Um der Kälte zu entfliehen, es hat am Morgen gerade einmal 5 Grad, sind wir schon wieder früh unterwegs. Auf einer Hochebene leuchtet gelbes Gras, vereinzelt stehen Nadelbäume in der weiten Fläche. Nicht weit von der Straße entfernt entdecken wir weiße mittelalterliche Grabsteine. Diese Stećci sind mit allerlei Ornamenten geschmückt, das schönste zeigt ein geflügeltes Pferd mit einer Schlange.
Auf einem Stück Schotterstraße, oh Schreck, windet sich die Straße hinab in ein Tal. An den Hängen leuchten die herbstlichen Laubbäume in der frühen Sonne.
Den ersten Halt machen wir in JABLANICA. Hier lieferten sich deutsche und italienische Einheiten mit den Partisanen Titos eine Schlacht. Trotz Unterlegenheit gelang es den jugoslawischen Truppen mit ihren Verletzen und vielen Zivilisten über die NERETVA zu entkommen. Sie sprengten dabei die Eisenbahnbrücke. Eine Nachbildung, für einen erfolgreichen amerikanischen Film (mit Starbesetzung) gebaut, liegt in den Fluten des Flusses, davor steht ein etwas in die Jahre gekommener Zug der Partisanen. Susanne entdeckt einige Stände mit der einheimischen Spezialität Burek. Wir stoppen und gönnen uns genussreich die Köstlichkeit, gefüllt mit Käse Spinat und Hackfleisch. Die Wirtin des Kiosks war während des Krieges fünf Jahre in Stuttgart und spricht gut deutsch.
Früh am Morgen besuchen wir einen weiteren Schauplatz des 2. Weltkrieges. Bei TJENTISTE, im tiefen Tal der SUTJESKA, standen sich in der einsamen Bergwelt 127 000 Soldaten der Achsenmächte und 18 000 Partisanen gegenüber. Trotz der hohen Überlegenheit der italienischen und deutschen Armee, die nach Griechenland unterwegs waren und zwischendurchTito ausschalten wollten, gelang es den Partisanen nach einem Monat schwerer Gefechte im letzten Moment zu entkommen. Danach unterstützten sie die Alliierten. 7 000 Soldaten ließen ihr Leben, an die 3301 Partisanen erinnert ein monumentales Denkmal.
Wir folgen weiter der tiefen Schlucht der SUTJESKA mit den bunten Hängen und erreichen nach langer Fahrt das Kloster ŽITOMISLIĆI. Es wurde 1566 noch unter osmanischer Herrschaft erbaut. Im 2. Weltkrieg plünderten kroatische Ustaŝa-Truppen das Kloster und töteten 550 Serben. Wieder aufgebaut zerstörten Truppen des Kroatischen Verteidigungsrates das Kloster im Juli 1992 erneut. Am 16. April 2005 konnte das wieder hergestellte Kloster mit all seiner bildlichen Pracht vom serbisch-orthodoxen Patriarchen erneut geweiht werden.
Nur ein paar Kilometer weiter erwartet uns ein UNESCO-Weltkulturerbe, das pittoreske Dorf POĈITELJ. Eine kleine Bucht der NERETVA nutzend, stehen viele renovierte Häuser in den steilen Kalksteinfelsen. Eine Moschee aus dem 16. Jh. dominiert das Stadtbild, zwei Burgen bewachten den Ort. Vom Bergfried, der über eine schauerlich steile Treppen bestiegen werden kann, ist der Blick auf die Ortschaft wunderbar.
Schneller als geplant verlassen wir BOSNIEN UND HERZEGOWINA wieder. Viel Landschaft gab es auf den 600 km der Rundreise zu sehen: tiefe Schluchten, steile Berge, weite Hochflächen und herbstlich bunter Laubwald, einmalige Bauwerke und Ortschaften und leider viel Müll entlang der Straße. Auch deshalb fanden wir keine wirklich einladenden Übernachtungsplätze. Dann trübte sich auch noch der Himmel ein und ließ es heftig regnen. Jetzt freuen wir uns auf ein paar ruhige und hoffentlich sonnige Tage an einem einsamen kroatischen Strand. Wir gehen auf die Suche nach einem geeigneten Platz.
das motiv von mostar hätte cih gern mitgenommen, aber irgendwie hatten wir auf der rückfahrt von dubrovnik nach podstrana nicht wirklich nerv dazu, weil sich die fahrt ohnehin schon recht gezogen hat. aber es sieht jedes mal wieder wundertoll aus.
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