Gerade erreichen uns wieder Bilder von zuhause: 10 cm Neuschnee! Hört denn der Winter gar nicht mehr auf? Wir haben heute früh 18 Grad (plus), doch der Südwind schaufelt wieder graue Wolken heran und bringt ein paar Regentropfen.
Weil es gar so schön auf EUBÖA war, blieben wir noch ein ein paar Tage auf der nordwestlich gelegenen Halbinsel LICHÁDA. Peter schnürt die Wanderstiefel für einen letzten Spaziergang auf einen namenlosen Berg. Auf dem Gipfel steht eine alte Kapelle zwischen einem schieren Antennenwald. Früher baute man Burgen oder eben eine Kirche auf den Gipfel oder setzte ein Kreuz. Heute sind es die Insignien der modernen Kommunikation, die weithin sichtbar sind.
Die Meerengen rund um die Insel wirken wie große Seen in den Alpen. Die früher strategisch wichtige Ebene der THERMOPYLEN ist im Norden zu sehen. Leonides mit nur 300 spartanischen Kriegern verteidigte hier 480 v. Chr. tagelang diesen Zugang nach Athen gegen das übermächtige persische Heer bis auf den letzten Mann. Dadurch konnte die griechische Flotte sich in Sicherheit bringen, die dann in der Meerenge von ARTEMISION im selben Jahr die Perser besiegen konnte. Jetzt verkehrt dort eine Fähre zwischen der Insel und dem Festland, in ein paar Tagen werden auch wir übersetzen. Weit im Süden erhebt sich der DÍRFYS mit seinen schneebedeckten Flanken über die Insel. Und die Natur explodiert nun förmlich. Es ist einfach ein Traum. Und zur Krönung des Tages zelebriert die Sonne ihren Untergang farbenprächtig.
Im schönsten Sonnenschein starten wir am frühen Morgen. Entlang der Bergkette des Halbinsel LICHÁDA fahrend, kommen wir zum kleinen Fährhafen AGIOKAMBOS. Der Hafenpolizist weißt uns freundlich aber bestimmt ein, die preiswerte Fähre (21,- € für den Dicken und uns) legt fasst pünktlich ab und bereits nach einer halben Stunde ruhiger Überfahrt stehen wir wieder, nach fast drei Wochen, auf dem Festland.
Dann geht es schnell. Vor uns tut sich eine weite Ebene auf, zugebaut mit Industrie, das Häusermeer von VOLOS erstreckt sich über die gesamte Ebene, über der Bucht liegt wieder einmal blau-weißer giftiger Dunst. Wir erklimmen schnell den 1000 m hohen Pass des PÍLION. Hier sind doch tatsächlich noch einige Lifte in Betrieb und ein paar Schiläufer auf der Piste. Sechs Meter Schnee soll es hier im Winter geben. In diesem Jahr war es aber vermutlich viel Regen. Ende Februar hat es sintflutartig geregnet, viele Hänge sind abgeruscht, die Straße aufgebrochen, in wilden Wellen verschoben oder ganz verschwunden. Auf der notdürftig geflickten Fahrbahn kurbeln wir uns über die Insel. Wir durchqueren auf engen Straßen das Bergdorf ZAGORÁ, kommen zu dessen Hafen CHOREFTÓ, wo wir uns vor Ferienhäusern für eine Nacht einrichten. Auch am nächsten Tag kurbeln wir die Berge wieder hinauf und hinunter, schauen die ein oder andere Bucht an und bleiben dann in POTOSTIKA hängen. Auch hier hat das Unwetter vor drei Wochen seine Spuren hinterlassen. Der malerische mit Felsen gespickte Strand ist übersät mit Schilf und Holz und natürlich auch den Abfällen der Zivilisation.
Was würde Zeus dazu sagen? Er, der sich diese Halbinsel für seinen Urlaub aussuchte und sie deshalb mit all den schönen Dingen einer Landschaft ausstattete, würde wohl die Menschen wieder verscheuchen und sich mit einer seiner zahlreichen Geliebten hier vergnügen. Außerdem sollen hier die bösen Zentauren gelebt haben. Jene Fabelwesen der griechischen Mythologie, die einen menschlichen Oberkörper und einen Pferdelaib besaßen. Sie waren heimtückisch, lüstern und wüst. Chairon, der Meister der Heilkunde, war ein rühmliche Ausnahme.