Von Tannheim zum Prinz-Luitpold-Haus und zurück

Schon wieder zieht es mich in die Berge. Christian hat ein paar Tage frei und wir wollen Wandern mit Fliegen verbinden, walk and fly, wie man heutzutage sagt. Doch der Wetterbericht sagt für die nächsten Tage jeweils Gewitter voraus. Da wir Schönwetterflieger sind und am liebsten ohne Wolken in Blauthermik unter unseren Gleitschirmen hängen, packen wir Zelt, Schlafsack, Matte, drei Liter Wasser und ausreichend Müsliriegel in unseren Rucksack und wandern auf’s Geratewohl los. Wir starten in TANNHEIM mit gefühlten weiteren tausend Wanderern. Etwas in die Jahre gekommen und bequem wie wir nun sind, gönnen wir uns für die ersten Höhenmeter die Seilbahn zum NEUNERKÖPFLE. Ein erster Zweitausender, die SCHOCHENSPITZE, liegt am Weg und gewährt uns einen ersten Rundumblick in die immer wieder faszinierende Bergwelt. Die Wolken steigen wie angekündigt schon bald am Vormittag hoch in den Himmel. Wir beide sind froh, mit beiden Beinen am Boden zu stehen. Drei Seen liegen nun tief unter uns: die LACHE, der TRAUALPSEE und der VILSALPSEE. Hungrig und durstig wie wir sind, ziehen wir eine Mahlzeit dem frischen Bad vor. Die LANDSBERGER HÜTTE ist gut besucht, doch die freundliche Bedienung und die flotte Küche verwöhnen uns schnell mit Getränken und Essen.

Die meisten Wanderer steigen von hier aus zum VILSALPSEE ab. Wir entscheiden uns für den JUBILÄUMSWEG, der uns bis zum PRINZ-LUITPOLD-HAUS bringen soll. Kurz nach der Hütte sind wir dann für den Rest des Tages fast alleine unterwegs. Der Steig führt aussichtsreich auf der selben Höhe bleibend bis zur LAHNERSCHARTE, wo wir mit Blick auf den SCHRECKSEE unser erstes Nachtlager aufbauen. Wir sitzen noch einige Zeit vor dem Zelt unter einem sternenklaren Himmel, bis uns kalte Füße, seit April ein ungewohntes Gefühl, in den Schlafsack treiben. Das Gebimmel unzähliger Kühe wiegt uns in den Schlaf. Nachts schrecken wir hoch, ein Fuchs hat uns besucht und auf der Suche nach Essbaren das Zelt auf beiden Seiten aufgerissen. Nach lautem Schreien sehen wir seinen Schatten im Dunkeln verschwinden.

Der Tag beginnt mit einem verwaschenen blauen Himmel, doch schon bald lässt die Sonne die Wolken wieder wachsen. Im HINTERKAR tummelt sich eine große Herde Gämsen, bestimmt hundert Tiere streifen über die sattgrünen Weiden. Die kleinen Kitze springen über die Felsen und suchen ihre Mutter auf um sich zu stärken. Gemütlich zieht sich der Weg auch heute wieder auf fast gleicher Höhe durch die steilen Wiesenflanken, einige heikle Stellen sind mit Seilen neu und gut gesichert. Dann mühen wir uns über viele Stufen die BOCKKARSCHARTE hinauf. Ein Hubschrauber schwebt gekonnt ein und versorgt die Weg bauenden Männer wohl mit einer Brotzeit. Die sind mit Seilwinden am Werke, um mit großen Steinen den Aufstieg durch das steile Schuttkar zu erleichtern. Dreihundert Meter unter uns erspähen wir das PRINZ-LUITPOLD-HAUS. Zügig steigen wir ab und sitzen schon bald auf der Terrasse mit Blick in das HINTERSTEINER TAL. Den HOCHVOGEL, der mit seiner Pyramide über uns thront, trauen wir uns mit dem schweren Gepäck nicht zu. Außerdem verschwindet der Gipfel immer wieder in dunklen Wolken. So umrunden wir die FUCHSKARSPITZE über die BALKENSCHARTE. Tausend Meter unter uns schlängelt sich das silberne Band des SCHWARZWASSERBACHS ins LECHTAL. Dann holt uns doch noch der Regen ein, in den schwarzen Wolken grollt der Donner laut anhaltend über die Berge. Wir hüllen uns in die Regenumhänge und bestaunen das Wolkenspiel. Immer wieder lugt die Spitze des HOCHVOGELS durch die Regenschleier. Als die Sonne wieder die Herrschaft über den Himmel übernimmt, packen wir zusammen. Als ich die grüne Matte zusammenlege, stimmen die Schafe einen laut blökenden Chor an. Bestimmt einhundert Tier, mindestens, stürmen auf mich los, schnell bin ich von ihnen umringt. Mit den Stöcken fuchtelnd halt ich mir die aufdringlichen Schaf vom Leib und suche das Weite. Was sie nur von mir wollten? Nach einem steilen Aufstieg erreichen wir wieder den JUBILÄUMSWEG. Irgendwo finden wir eine flache Stelle für unser Zelt, der Fuchs besucht uns heute Nacht nicht.

Wieder ist am Morgen der Himmel verwaschen blau, die vielen Bergketten verschwinden im Dunst. Die feuchte Luft wird auch heute wieder für dicke Wolken sorgen, doch der von den Bauern erhoffte Regen bleibt aus. Manche Kühe mussten wegen Wassermangels bereits ins Tal geschafft werden. Wir dagegen freuen uns über die Sonne, die uns nach der kühlen Nacht wärmt. Schon bald sind wir am SCHRECKSEE und springen in das glasklare Wasser. Wir füllen sogar unsere Trinkflaschen damit auf. Kleine Fische knabbern kitzelig an den Zehen. Als die Wanderer vom HINTERSTEINER TAL in Massen heraufströmen, verlassen wir den malerischen See und laufen über klitschige Wege zum RAUHHORN, das wir an seinem Fuße umrunden. Der VILSALPSEE rückt wieder ins Blickfeld, ein Gleitschirmflieger schwebt über uns und überfliegt unser nächstes Ziel, den mächtigen Bergstock des GAISHORNS. Am Gipfel angekommen sind wir rechtschaffen müde und genießen erst einmal das Panorama von diesen allein stehenden Aussichtsberg. Eigentlich wollten wir noch zum B’SCHIESSER, doch der Weg dorthin ist uns zu weit und die Laufmotivation hat stark nachgelassen. So beschließen wir, heute noch abzusteigen. Rund 1100 Höhenmeter sind es hinunter nach TANNHEIM. Erst kraxeln wir vorsichtig durch ein steiles Geröllfeld hinunter, dann geht es geschwind über Almenwege und durch einen Wald in den Talgrund. Immer wieder schauen wir zurück, mächtig steht unser letzter Gipfel über uns. Mit letzter Kraft erreichen wir INNERGSCHWEND und die Wirtschaft „Beim Öfner“. Schnell steht die erste Halbe vor uns und der Grillteller lässt unsere Lebensgeister wieder erwachen. Zufrieden mit uns und der Welt erreichen wir mit dem letzten Licht unsere rollenden Hotels. Schön war’s wieder.

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