Wir schimpfen selten über das Wetter. In den Jahreszeiten, in denen wir unterwegs sind, müssen wir einfach damit rechnen, dass es regnet, stürmt und auch mal kalt wird. Dafür entliehen wir dem heimischen Winter, den sommerlichen Touristenscharen im Süden und genießen die Ruhe und meist das abwechslungsreiche Wetter mit seinen tollen Stimmungen. Doch wenn es, wie jetzt, drei Wochen am Stück meist nur grau ist, der Himmel tagelang seine Schleusen öffnet und wir nicht vor die Türe können, Bettwäsche und Kleider klamm sind, dürfen wir uns schon einmal über das Wetter beschweren. Auch heute zeigt der Blick über den weiten Strand von PORTIXEDDU ein fast einheitliches Grau, nur ein paar dunkelgraue Wolken heben sich vom hellen Streifen am Horizont ab.
Doch kaum haben wir uns ausgeschimpft, wird das Wetter sogar besser als die Vorhersage; Petrus sei dank. Am Morgen ist der Himmel weiß-blau, nur über den Bergen hinter uns schiebt der Wind die Wolken noch zusammen. Wir fahren ein kleines Stück auf die Halbinsel des CAPO PECORA, das immer noch von den gischtenden Wellen umtost ist. Peter nutzt das sonnige Wetter für eine Wanderung. Doch kaum bin ich ein paar Meter gelaufen, schreit, bellt, und trötet es um mich herum. Es ist Sonntag und die Sarden frönen ihrem liebsten Hobby, der Jagd. Gut zehn Männer in orangenen Westen stehen auf den Pisten und versuchen Wildschweine aufzuscheuchen. Mir zeigen sie den Weg um ihr Jagdgebiet herum. Vorsichtshalber ziehe ich den leuchtend gelben Regenschutz über den Rucksack und ziehe meinen roten Anorak an. Plötzlich zwei Schüsse, dann ist Ruhe. Wahrscheinlich musste ein Wildschein sein Leben lassen.
Steil und schweißtreibend führt die Piste durch die intensiv riechende Macchia. Die Erbeerbaumerdbeeren sind nun reif und schmecken gut, viele Korkeichen säumen den Weg. Nach gut zwei Stunden erreiche ich den flachen Gipfel der 499 m hohen PUNTA MUMOLLONIS. Mit einem Vesper und kühlen Ichnusa (einer sardische Hopfenkaltschale) lässt sich die Aussicht gleich noch besser genießen. Der Blick geht über die runden Hügel der COSTA VERDE, mit dem markanten Gipfel des MONTE ARCUENTU bis zum CAPO PECORA. Jetzt ziehen wieder Regenschauer von Westen über das Meer, einer von ihnen verschont auch mich nicht. Doch im Schutz einer Korkeiche lässt sich der kurze Regen gut aushalten.
Den Nachmittag verbringen wir in der Sonne auf den Felsen des Kaps.
Am Abend ziehen wieder dicke schwarze Wolken auf. In der Nacht fegen noch ein paar heftige Regenschauer über uns hinweg, die dann jedoch wie abgeschaltet aufhören.
Wir können es kaum glauben: Nach dem Einkauf im ehemaligen Bergarbeiterdorf FLUMINIMAGGIORE reißt sogar der Himmel über den Bergen auf. So fahren wir ein Stück dem RIO MANNU, später dem RIO ANTAS folgend, flussaufwärts. Peter will natürlich das Wetter wieder für eine Wanderung nutzen, die über alte Pfade und Pisten des ehemaligen Bergbaugebiets führen. Die ersten Kilometer teilt sich der Weg mit einem Bach, der nach dem vielen Regen über die bunten Steine plätschert. Den Pilzen hat das feuchte Wetter sichtlich gut getan. In vielen Serpentinen geht es hinauf zur Passhöhe QUADDU MURRA und dann weglos zum 651 m hohen MONTE CORONGIU E‘ MUVRONIS. Auch von diesem Gipfel liegt mir die COSTA VERDE zu Füßen, am Horizont erhebt sich der gut bekannte MONTE ARCUENTU über die grünen Hügel. Der Wind fegt mir der Wind um die Ohren, jetzt rauschen nicht die Wellen, jetzt rauschten die Bäume im Sturm. Hoch am Himmel zeigen mächtige Lentis den Sturm an. Der Weg zurück führt an den Ruinen ehemaliger Bergwerkhäuser und Schutthalden vorbei. Schön ist der Kontrast des leuchtend grünen Getreides zu den dunkelgrünen Korkeichen.
Über Jahrhunderte hinweg wurden in Sardinien Erze und Kohle gefördert. Ein letzte Blüte erlebten die Bergwerke unter den Faschisten, die für ihr Autonomiebestreben viel in den Bergbau investierten. Doch zusehends wurden die Gruben unrentabel, zudem war die sardische Kohle von schlechter Qualität. So sind heute alle Betriebe geschlossen. Geblieben sind unansehnliche Industrieruinen und gewaltige Abraumhalden. Viele dieser Bergwerke können besucht werden, doch jetzt, außerhalb der Saison, bleibt meist nur der Blick durch den Zaun. In IGLESIAS wurde in großen Stil Zink und Blei abgebaut. Das Verwaltungsgebäude zeugt noch von der einstmaligen Bedeutung, die Hänge sind überzogen mit dem roten Abraum. Ein paar Kilometer weiter, in NEBIDA, wurde das Erz gewaschen und verschifft. Die einstigen Waschanlagen ähneln mit ihren Rundbögen Kathedralen. Ach ja, und das Wetter: es soll die nächsten Tage nicht mehr regnen.
Oh, das ist schon gerade schlimm mit dem Wetter für Österreich, (Nord-)Italien und ganz besonders auch für Venedig. Ich habe auch mehrmals schon in der Wetter-App nach den Cinque Terre – Dörfern geschaut. Was da an Regen herunter kommt… Und wir hatten es noch so schön im Oktober. Das ist nicht nur ein „normales Genua-Tief“ meiner Meinung nach.
Dennoch toll, wie ihr das alles meistert. Und sehr interessant. Ich wünsche euch, dass es bald besser wird mit dem Regen. LG 🙂
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Mit heiterer Gelassenheit und einem Glas Wein werden wir das schon durchstehen. Viele Grüße
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Die Bilder mit Meer, Wolken und Himmel sind besonders gut gelungen und zeigen eine irre Stimmung.
Ich rede mal mit Petrus und lege ein gutes Wort für euch ein.
Herzliche Grüße
Anna-Lena
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Danke Anna-Lena, Deine Zwiesprache mit Petrus scheint schon geholfen zu haben. Die Sonne tut richtig gut.
Viele Grüße schicken
Susanne und Peter
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Das freut mich sehr! Genießt es!
Herzliche Grüße!
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Das mit dem „Wortgewitter“ um seinen Frust loszuwerden, ist auch unsere Strategie, um schlechtes Wetter zu vertreiben. Klappt’s bei uns? Schon das ein oder andere Mal.
Tolle Bilder, wir hätten gerne mehr von Euren lebendigen Berichten.
Viele Grüße
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Wir werden uns redlich bemühen. Und da wir neugierig sind, Ihr kennt das ja, Ihr wisst ja schon: was macht die Kabine und wann gibt’s davon ein Video?
Viele Grüße aus der Sonne schicken
Susanne und Peter
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Die Kabine ist da, wir sind fleißig dabei, die Isolierung anzubringen. Das Video ist fast fertig und soll am Wochenende veröffentlicht werden.
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