DURCH DIE PO-EBENE

Schnee und Kälte vertreiben uns letztendlich aus der Brenta. Hier stehen wir immerhin auf 1600 m NN und am Morgen ist unser Bruno mit Raureif überzogen. Immer wenn es uns zu kalt und regnerisch wird, wollen wir weiter in den Süden fahren, dabei aber nichts überstürzen. So fahren wir gemütlich entlang der Sarca hinunter bis nach Tione di Trento und von hier hinauf zum Lago di Ledro. Ein kleines Moorgebiet liegt in der ersten Sonne, die Tautropfen an den Spinnennetzen glitzern wir tausend Diamanten. Fast direkt am beschaulichen See kommen wir zum Stehen.

Nach 24 Stunden Regen ohne Unterlass, der uns jedoch einen ruhigen Tag beschert, verlassen wir den Ledrosee, der mittlerweile von weiß leuchtenden Bergen umgeben ist.

Wir machen einen kleinen Abstecher zum Marocche di Dro. Hier, ein paar Kilometer nördlich des Gardasees, fand vor etwa 5000 Jahren der größte Bergsturz der Alpen statt, dessen Geröll nun 13 km2 bedeckt. Auslöser waren nicht, wie ursprünglich gedacht, die zurückgehenden Gletscher, sondern, nach neuesten Datierungen des Gesteins, wahrscheinlich Klimaschwankungen mit kälteren und feuchten Wetterperioden.

Eigentlich wollten wir die Panoramastraße hinauf zum Monte Baldo nehmen. Doch tiefhängende Wolken und der frische Schnee lassen uns lieber entlang des Gardasees fahren. Hier ist überraschend wenig Verkehr, doch die meisten Parkplätze sind mit Höhenbeschränkungen versehen. Einige Surfer und Kiter sind im strammen Bergwind auf dem See unterwegs, unser Blick geht oft zurück in die Schneeberge.

Da es uns hier zu wuselig ist, fahren wir hinaus in die weite Po-Ebene. An einer Tankstelle können wir unsere Gasflasche auffüllen, obwohl das hier in Italien aus steuerlichen Gründen verboten ist.

Am frühen Vormittag erreichen wir Mantua, wo wir schnell einen ruhigen Parkplatz mit Blick auf die Altstadt finden. Die Stadt ist eine Gründung der Etrusker. Im 12. Jahrhundert wurde der Fiume Minico zur besseren Verteidigung aufgestaut. Seitdem ist die Stadt von vier Seen umgeben und wirkt wie eine Insel. Wie so viele andere Orte, hat auch dieser eine wechselvolle Geschichte, ständig waren andere Herrscher am regieren. Mal waren es die römisch-deutschen Kaiser, dann stritten Frankreich und die Habsburger um die Vormacht. Napoleon nahm sie zweimal ein und ließ hier den Tiroler Andreas Hofer hinrichten. Dann herrschten die Österreicher und als Folge des Deutschen Kriegs kam die Stadt erst 1866 zu Italien. Seit 2008 ist Mantua UNESCO-Weltkulturerbe.

Nach einer ungestörten Nacht fahren wir weiter durch die Po-Ebene. Wir durchqueren kleine Dörfer und kommen an zahlreichen großen Bauernhöfen vorbei, viele davon bereits verlassen. Nach gemütlicher Fahrt erreichen wir Sabbioneta, an dessen Ziegelsteinmauer wir gleich einen schönen Platz finden. Zwischen 1554 und 1571 ließ Vespasiano Gonzaga die vom Vater ererbte Stadt als Idealstadt im Stiel der Renaissance erbauen. Nach römisch-kaiserzeitlichen Vorbild hat der Bauherr die Hauptachse der Stadt auf den Punkt des Sonnenaufgangs zu seinem Geburtstag, dem 6. Dezember nach Julianischen Kalender, ausrichten lassen. Seit 2008 ist Sabbioneta, zusammen mit Mantua, UNESCO-Weltkulturerbe. Auf uns wirkt die Stadt trist und etwas zu ideal. Die Gassen sind wie ausgestorben, nur am Marktplatz sitzen ein paar Bewohner im Café.

Am nächsten Tag, wir brechen fast wie jeden Tag kurz nach 8 Uhr auf, fahren wir weiter durch die Ebene, überqueren den Po, der viel braunes Wasser führt, kommen nach Brescelle, den Ort von Don Camillo und Peppone und erreichen die ersten Hügel des Apennin. Eine schmale Straße schlängelt sich hinauf nach Canossa. Glücklicherweise sind die Tore zu den Ruinen der geschichtsträchtigen Burg geschlossen, so bleibt Peter der Büßergang zum Papst erspart.

Der „Gang nach Canossa“ ist uns aus dem Geschichtsunterricht noch gut bekannt. Heinrich IV. liegt im Streit mit Papst Gregor VII. Der König kündigte dem umstritten Papst, er war durch Volksakklamation und nicht durch eine Wahl der Kardinäle ins Amt gekommen, den Gehorsam und forderte dessen Rücktritt. Daraufhin exkommunizierte der Papst Heinrich, der danach seine Macht verlor. Um seine Handlungsfähigkeit wieder zu Erlangen zog der 26-jährige Heinrich dem Papst entgegen. Erst nach mehreren Tagen in Kälte und Bußgewand empfing Gregor den Reumütigen am 28. Jan. 1077 und hob den Bann auf. Nach neuerer, noch umstrittenen, Interpretation war dies ein lang vorbereitetes Treffen, um den Frieden wieder herzustellen.

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