Ein frecher Schilderklau

Diesmal passt das Bild nicht zur Überschrift, doch der Reihe nach.

Manche alte Fabriken strahlen selbst als Ruine noch in diesem Zustand einen gewissen Charme aus. Wir stehen am kleinen Hafen von AVOLA, um die Ortschaft herum liegt das Anbaugebiet der Rebsorte Nero d’Avola, neben einer ehemaligen Thunfischfabrik. Einige dieser Anlagen sind gut restauriert, diese hier verfällt zusehends und der in Sizilien unvermeidliche Müll sammelt sich an. Nichtsdestotrotz gibt es ein paar schöne Perspektiven.

Wahrscheinlich sind wir etwas müde vom hiesigen Wein. Jedenfalls legen wir einen kleinen Mittagsschlaf ein. Da schaukelt unser Dicker und ein Moped fährt laut aufheulend davon. Wir denken uns nichts weiter dabei, doch ein paar Minuten später das gleiche Schauspiel. Etwas benommen schauen wir aus dem Fenster und sehen zwei junge Burschen auf einem Mofa davon flitzen. Peter springt hinaus: „Die haben das Rücklicht vom Roller abgebrochen!“; wie in Albanien der Eseltreiber. Doch im zweiten Blick: das Nummernschild fehlt. Ein Angler kommt hinzu und schüttelt nur mit dem Kopf. Was machen? Als Krimileser blüht natürlich unsere Fantasie: Raubüberfall, Mafiamord, Versicherungsbetrug, … Wir recherchieren und stellen fest, dass in Deutschland jedes Jahr 160.000 Autoschilder, meist wegen der TÜV-Plakette gestohlen werden. Eine Meldung an den Versicherer und die Zulassungsstelle ist erforderlich, die benötigt ein polizeiliches Protokoll. Auch das noch. Also machen wir uns auf den Weg. Die Polizia Municipale ist nicht zuständig, meint der nette städtische Ordnungshüter. Er notiert sich zumindest Das Kennzeichen und unsere Telefonnummer und schickt uns weiter zu den Carabinieri, deren stark gesicherte Kaserne gleich um die Ecke liegt. Wir werden eingelassen und ein etwas mürrischer Carabinieri bittet uns fünf Minuten zu warten. Wir setzen uns ins Wartezimmer und lassen den Blick schweifen: Hier hat sich seit gut 50 Jahren nichts verändert, einzig der PC ist neueren Datums. Der Kollege eilt mit einem Pappbecher voller Café in die Station, die Mittagspause ist vorbei. Geduldig hört er unser Anliegen an, wir versuchen uns auf Italienisch und Englisch zu verständigen. Im Drei-Finger-Suchsystem gibt schreibt er das Protokoll, immer sich selbst die Wörter noch mal vorlesend. Dann bekommen wir einen Ausdruck, sogar maschinell ins Deutsche übersetzt, was durchaus einen Sinn gibt. Der mittlerweile etwas besser aufgelegte Carabinieri entschuldigt sich wegen des Vorfalls und verabschiedet uns freundlich. Nun können wir den Kleinen nicht mehr von der Bühne nehmen. Wir fragen uns, was passiert, wenn die Kennzeichen vom Dicken geklaut werden. Dennoch bleiben wir noch eine Nacht, doch am nächsten Morgen fahren wir lieber wieder ein Stück weiter.

Wir erinnern uns an eine weitere Ruine am Meer bei MARINA DI MÒDICA; hier verbrachten wir den Jahreswechsel 2016 zu 2017. Das riesige Gebäude mit dem hohen Schornstein ähnelt einer dreischiffigen Kirche. Ein Sizilianer erklärt uns, dass dies hier bis in die 50er Jahre eine Fabrik für Bodenfliesen und Dachziegel war. Einst arbeiteten hier 100 Menschen. Ein Konkurrent aus Messina legte Feuer, so verstehen wir jedenfalls den freundlichen Mann, und der Betrieb wurde daraufhin natürlich eingestellt.

8 Gedanken zu “Ein frecher Schilderklau

  1. Nach diesem Vorfall „Gefällt mir“ zu sagen passt ja nicht wirklich. Aber die Bilder von den Ruinen sind toll, vor allem, weil man den sizilianischen Müll nicht sieht!
    Liebe Grüße und hoffentlich keine unangenehmen Erlebnisse mehr
    Christine und Heinz

    Gefällt 2 Personen

  2. Hallo ihr beiden,
    Huch, das ist ja blöd. Aus unserer Sicht gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen die Nummernschilder entweder kleben oder Festnieten, das hält einige Gelegenheitsdiebe ab. Wir hatten auf unserer Tour „Ersatznummernschilder“ dabei (gleiches Kennzeichen, nur ohne Plakette. Die haben wir im Ausland montiert und die echten Kennzeichen sicher verstaut.

    Viele Grüße, weiterhin tolle Erlebnisse und möglichst keine unangenehmen Überraschungen mehr.
    Karin und Klaus

    Gefällt 1 Person

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