Zu römischen Säulen, Ents und einem Drachenhaus

Heute werden wieder einmal die Wanderstiefel geschnürt, es soll zumindest eine kleine Wanderung werden, denn es ist kalt und windig. Peter zieht eine lange Unterhose an (!) und schlüpft in die Daunenjacke. Ausgangspunkt ist die kleine Ortschaft MILI, die an einem Bach mit vielen Brunnen liegt, den kleinen Dorfplatz beschattet eine mächtige Platane.

Gleich hinter der Ortschaft geht die Piste in einen Pfad über. Auffallend sind hier die vielen schönen, gebänderten Steine, die wohl Abraum der vielen Steinbrüche sind. Einer davon liegt in 600 m Höhe in einer steilen Bergflanke. Und hier liegen im unwegsamen Gelände zehn Säulen, die vielleicht für Rom bestimmt waren, aber nie abgeholt wurden. War der Auftraggeber pleite oder kamen feindliche Schiffe in die Bucht? Die imposanten monolithischen Säulen, eine davon ist nur halb „ausgegraben“, sind 40 römische Fuß oder 12 m lang und einige Tonnen schwer. Quadratische Löcher im Fels gleich oberhalb der Abbaustelle zeugen von Hebevorrichtungen. Wie diese Kolosse aber den steilen Hang hinunter geschafft werden sollten, bleibt mir ein Rätsel. Wahrscheinlich waren es Heerscharen von Sklaven und Kriegsgefangenen, die diese gefährliche Arbeit verrichten mussten.

Dieser Marmor Carystium oder auch Cipollino, wegen seiner zwiebelschaligen Maserung so genannt, war höchst begehrt. In Tempeln im Forum Romanum in Rom wurde er eingebaut und auch in neueren Gebäuden wie dem Luovre in Paris und der Westminster Cathedral in London.

Die Wolkendecke reißt auf und es wird wärmer. Da könnte ich doch die Tour noch ein klein wenig ausdehnen, lange Unterhose und Daunenjacke sind längst überflüssig. Der Weg geht durch mannshohe Macchia schnell nach oben. Alte Treppenstufen führen sicher durch einen steilen Felseinschnitt. Der Schweiß rinnt mittlerweile in Strömen, die Aussicht ist immer weitreichender und die Landschaft bleibt abwechslungsreich.

Auf einer Hochfläche stehen mächtige und knorrige Bäume, die den Ents aus dem Film „Herr der Ringe“ ähneln. Diese Riesen haben bestimmt hunderte von Jahren hier gelebt, bis vermutlich eine unterirdische Wasserader ihren Lauf verändert hat.

Über mir türmt sich ein mächtiger Bergklotz auf. Ist das der Gipfel des OCHI? Ich gebe Susanne kurz Bescheid, dass es nun doch noch ein wenig später wird. Vielleicht schaffe ich den Berg? Aber von hier scheint es keinen Weg hinauf zu geben. Also folge ich erst einmal den roten Markierungen und den zahlreichen Steinmännchen. Immer pittoresker wird der Berg. Haushohe Felsen liegen wie von Riesenhand geschleudert herum, riesige Steinplatten liegen übereinander und Eiszapfen tropfen vor sich hin. Der Weg ist überraschend einfach und schlängelt sich durch diese Zauberwelt.

Unvermittelt versperrt eine Mauer den Weg, dahinter liegt geschützt die kleine Kirche PROFITIS ILIAS. Deren Steine gleichen dem Fels, also muss sie schon lange hier oben in der Einsamkeit stehen. Doch auch hier liegen Kerzen bereit. Wie kommen die Griechen nur hier herauf? Sie benützen ihre Beine ehe nur selten und Esel sehen wir auch keine mehr, auf denen sie reiten könnten

Noch ein paar letzte Höhenmeter weiter stehe ich vor einem der sagenhaften Drachenhäuser. Die Mauern bestehen aus großen Steinblöcken, das Dach aus übereinander liegenden mächtigen Steinplatten. Wer konnte solche Gebäude bauen? Das können nur Drachen geschafft haben, so sagt es zumindest die Legende. Zu was die etwa 3000 Jahren alten Gebäude gedient haben sollen, darüber streiten sich die Wissenschaftler heute noch. Drachen leben heute jedenfalls keine mehr hier.

Kaum bin ich am Gipfel des OCHI angekommen, der immerhin 1400 Meter hoch ist, ziehen Wolken auf. Also heißt es die müden Beine in die Hand nehmen und auf dem selben Weg zurück laufen. So ist aus dem geplanten Spaziergang eine richtige alpine Tour geworden.

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4 Gedanken zu “Zu römischen Säulen, Ents und einem Drachenhaus

  1. Nur 1400 Meter der Ochi ! Losgelaufen auf Meeresniveau!!
    Ich denke, ich gehöre zum kleinen Kreis von Überlebenden die mit Peter so einen kleinen Bergausflug unternommen haben. 3 Tage. Danach ist man geprägt fürs Leben.
    Entweder bracht man danach monatlich einen kleinen Ausflug auf den Everest oder man fährt zur See wo es keine Berge gibt.
    Ich habe mich für die See entschieden, genieße aber schon die herrlichen Bilder von Peter.
    Dankeschön !!

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