FILITOSA – DAS HISTORISCHE ZENTRUM KORSIKAS

Der Morgen in CALVI beginnt mit einem grauen Himmel, es regnet und es ist kalt. So machen wir uns auf den Weg zum Meer. Immer ein wenig unter den tief hängen Wolken fahrend, erreichen wir am Mittag den COL DE VIZZANOVA. Hier vespern wir erst einmal, bis uns Kälte, Wind und Regen weitertreiben.

Auf der anderen Seite des Passes erspähen wir erste blaue Flecken am Himmel. Wir suchen nicht lang und parken für den Rest des Tages am Bahnhof von CARBUCCIA unter mächtigen Platanen, die noch heftig im Wind schwanken. Ab und zu kommt laut brummend einer der modernen Diesel-Treibwagen vorbei. Als Peter auf der Bank sitzt, bremst er sogar, vielleicht hätte er zum Anhalten nur den Daumen raus strecken müssen. Gegen Abend beruhigt sich das Wetter. Ein Abschleppwagenfarmer brüllt uns noch ein: „no camping“ zu, doch dann ist es ruhig.

Weiter geht es Richtung Küste. Peter will noch ein Fluggebiet erkunden. Von einem Pass aus führt eine Piste zum Startplatz. Ein paar junge Männer machen sich gerade daran, ihn mit Elektrosensen wieder startbar zu machen. Wo genau das ist, kann ich nicht sehen, auch kommt der Wind wieder einmal von hinten. So fahren wir erst einmal hinunter nach MASORCIA und ein Stück weiter der Küste bis TUCCIA entlang. Hier hat der Tourismus die Landschaft verschandelt. Etwas frustriert fahren wir für eine kurze Mittagspause und einen Schwumm zum Landeplatz zurück.

Da wir hier nicht bleiben wollen, erklimmen wir wieder den Pass und rollen hinunter zum GOLF VON AJACCIO. Wieder dem WOMO-Führer folgend finden wir kurz vor dem Flughafen bei RICANTO einen staubigen Parkplatz direkt am blauen Meer. Hier ist mächtig was los: Kiter und Surfer flitzen über die kleinen Wellen, Jungs spielen Beachfussball und viele Sonnenhungrige liegen am weiten Strandrund. Abends stehen wir mit einem französischen Wohnmobil alleine auf dem Platz.

Kaum spitzt am Morgen die Sonne über die Berge, springen wir ins ruhige, fast wellenlose Meer, das Wasser ist noch wärmer als die Luft. Da uns AJACCIO als Stadt wieder einmal nicht reizt, fahren wir weiter nach Süden. Hier wird es nun wieder richtig einsam. In den weiten Macchiahügeln stehen nur vereinzelt ein paar Häuser, manchmal fahren wir durch ein Dorf. Die Gegend haben die Jungen wohl verlassen. Ein paar ältere Männer winken uns zu, weit und breit gibt es keinen Lebensmittelladen oder Bäcker. Per Zufall sehen wir neben einem kleinen Lieferwagen eine Frau mit einem Brot. Schnell ist die Scheibe heruntergelassen: „Baguette?“. „Ja, aber nur eines.“ Da wir ansonsten noch gut versorgt sind, reicht uns dieser Einkauf für den Tag.

FILITOSA ist das historische Zentrum Korsikas. Die ersten Menschen siedelten hier bereits 6000 Jahre v.u.Z, die letzten sollen die eindrucksvolle Landschaft erst im Mittelalter verlassen haben, nach 7000 Jahren der Besiedelung (Keine Stadt kann das heute von sich behaupten). Das Besondere an FILITOSA ist die Vermischung von megalithischer und torreanischer Kultur, die etwa in der Mitte des 2. Jahrtausends v.u.Z stattfand. Zuerst waren die Megalithen auf Korsika, die dann von den besser bewaffneten Torreanern bedroht wurden. Anfänglich siegten wohl einige Megalithen, die sich dann ihre unterlegenen Gegner mit deren Waffen in Stein meißeln ließen. Als dann jedoch die Torreaner ob ihrer Überlegenheit siegten, zerschlugen sie viele der Statuen und fügten sie in ihre Mauern und Häuser ein. Einige von den Statuen haben diese Zeiten jedoch fast unbeschadet überstanden. Und noch immer beeindrucken die nun über 3000 Jahre alten Gesichter.

Wie meist an so alten Stätten stellen wir uns vor, wie das wohl vor vielen Jahren hier war. Wer hat wen besucht? „Hallo, darf ich auf ein Sprung in Dein Haus?“ Hat sich an diesen Stein auch schon jemand die Zehen angestoßen? Wie haben die Arbeiter die Mauer gefügt und die richtigen Steine dafür gefunden? Was geschah in den Gassen, als die Torreaner die Siedlung überfielen?

Eigentlich wollte Peter noch eine Wanderung unternehmen, doch bei der Suche nach einem Übernachtungsplatz kommen wir immer weiten in den Süden. Zwischen den vielen Klippen gibt es nur wenige Strände, die meisten davon sind von Campingplätzen, Hotels oder Feriensiedlungen versperrt. Unsere Siesta halten wir auf einem großen Parkplatz mit angrenzenden Fußballfeld, das schon lange keinen Spieler mehr gesehen hat. Ein neu angebrachtes Verbotsschild für Wohnmobile lässt uns weiterfahren. So kommen wir nach PROPRIANO, wo unerwartet am Hafen, direkt an einem grobsandigen weiten Strand, ein freier Platz ohne jegliches Verbot auf uns wartet.

Am Nachmittag nimmt der Wind zu, die Wellen verleiden uns ein Bad und dicke Wolken ziehen auf, die später sogar ein paar Regenschauer mit sich bringen. Eine Fähre wird von einem Lotsen in den Hafen geleitet, in der beginnenden Dunkelheit fährt sie wieder weiter, wahrscheinlich nach Marseille.

Nach dem Regen folgen am Morgen wieder ein blauer Himmel und ein frischer Westwind. Wir kaufen ein und fahren nur wenige Kilometer bis zur PLAGE DE CAPU LAUROSU. Hier vertreibt uns kein Verbotsschild. Der Strand ist zwar ein paar Schritte über den grobkörnigen Sand entfernt, doch der kühle Wind und die hohen Wellen halten uns eh von einem Bade ab.

Am nächsten Tag haben sich der Wind und das Meer beruhigt. So genießen wir das immer noch recht warme Meer. Vom nahen Flugplatz starten kleine Maschinen, die über den Tag hinweg jeweils sechs wagemutige Fallschirmspringer in die Luft bringen, die viel schneller zu Boden sinken als ein Gleitschirm. Aber im Vergleich zu den alten Rundkappen können die Flieger ihr Gerät jetzt steuer. Am Abend gibt es Krabben und einen Sonnenuntergang im Meer. Der fast volle Mond schwebt über einen wolkenlosen Himmel.

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